Wie man Investoren wirklich vergrault – Ein Kommentar von Jöran Kortmann

Man schlägt als Oppositionspolitiker momentan wirklich die Hände über dem Kopf zusammen. Erinnern wir uns wie die ganze Sache angefangen hat. Pünktlich zum Wahlkampf zaubert der Bürgermeister ein Kinoprojekt aus dem Hut. Die Idee, ein Kino anzusiedeln, wird von allen Seiten als gut empfunden. Es gibt allerdings Stimmen, die Zweifel daran haben, ob ein Kino sich wirklich langfristig trägt oder ob es doch eher um die Ansiedlung von neuen Supermärkten geht.

Diese Zweifel konnten damals schon nur aufgrund der schlechten Kommunikationspolitik aufkommen. Die Ratsmitglieder wurden von dem Projekt überrollt. Alles war fertig durchgesprochen. Man konnte nur noch „Ja“ oder „Nein“ sagen und jeder, der mit dem Gedanken spielte „Nein“ zu sagen oder auch nur „Ja aber“, musste sich den Vorwurf anhören, dass er oder sie „alles zerreden“ und „Investoren vergraulen“ würde. Eine sachliche Diskussion zu so einem wichtigen Projekt im Wahlkampf war utopisch.

Irgendwann wurde dieses Spiel dann auch der CDU zu unsicher. Auf Initiative der Opposition wurde ein Bieterverfahren gestartet – auch wenn einige noch warnend anmerkten, dass „keine Garantie besteht, dass der Investor dann noch zur Verfügung steht“. Es wurde Druck gemacht. Zum Glück hat es nicht funktioniert und das Bieterverfahren hat sich auf ganzer Linie gelohnt. Der vorhandene Investor hat seinen Entwurf in vielen Details verbessert und ein zweiter Investor steigt mit einem anderen Konzept in das Verfahren ein. Die Verwaltung schafft es dennoch, dieses Verfahren zu ruinieren.

Es ist wohlbekannt, dass der lokale Investor direkten Zugang zu allen wichtigen Informationen hat. Er weiß, dass Lüdinghausen zusätzliche Kindergärten braucht, er weiß wo sie gebraucht werden, er kennt die Bedürfnisse der Stadt und der Verwaltung. Er kann darauf eingehen. Im Sinne der Gerechtigkeit hätte die Verwaltung dafür Sorgen müssen, dass der neue Investor diese Informationen auch bekommt. Selbst ohne den Gerechtigkeitsaspekt hätte die Verwaltung im Sinne der Lüdinghauser Bürgerinnen und Bürger Sorge tragen müssen, dass der Investor diese Informationen in vollem Umfang erhält – damit er ein optimales Angebot machen kann. Spätestens wenn der Investor Fragen in eine bestimmte Richtung stellt, hätte alle Informationen zu diesen Themenkomplex fließen müssen.

Seit dem heutigen WN-Bericht haben wir die traurige Gewissheit, dass all das nicht passiert ist. Der Investor Assmann hat von der Verwaltung keinen Hinweis auf die Kindergartensituation in Lüdinghausen erhalten. Selbst nachdem er die rote Villa angesprochen hat, gab es keine Information, dass ein Kindergarten an diesem Standort als sinnvoll angesehen wird. Der Investor fühlt sich „vorgeführt“, „überrascht“ und ist überzeugt, dass sein Konkurrent einen Wissensvorsprung hatte.

Das ist eine Katastrophe. So und nicht anders vergrault man Investoren. Und zwar dauerhaft!

Und wie reagiert unser Bürgermeister auf diese Vorwürfe des Investors? Er verweist darauf, dass die Zahlen zum Kindergartenbedarf ja öffentlich sind, er verweist darauf, dass es sogar mal einen WN Artikel gab und er verweist darauf, dass er einen Anwalt beauftragt hat, um das Verfahren rechtssicher zu machen.

Das ist alles richtig. Der Investor Assmann hatte die (theoretische) Chance die gleichen Informationen zu erhalten wie sein Konkurrent. Darum geht es aber nicht. Es geht darum, dass die Verwaltung hätte sicherstellen müssen, dass er diese Informationen auch wirklich hat – und nicht nur theoretisch bekommen kann. Das ist der Unterschied zwischen Legalität und Gerechtigkeit. Das Vorgehen mag juristisch wasserdicht sein – aber es widerspricht jedem menschlichen Gerechtigkeitsempfinden.

Die handelnden Akteure in Lüdinghausen haben es geschafft, das Kinoprojekt, welches in den letzten Wochen unglaubliche vielversprechende Formen angenommen hat, wieder in skandalumwitterte Fahrwasser zu bringen.

Wir können nur hoffen, dass der Investor Assmann nicht abgeschreckt wurde, und dass das restliche Verfahren weiterhin von Konkurrenz belebt wird. Eins steht für uns fest: Wir werden an diese Geschichte erinnern, sollte uns nochmal jemand vorwerfen, etwas zu „zerreden“ oder „Investoren zu vergraulen“.

 

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