Wahlplattform der Lüdinghauser GRÜNEN für die Kommunalwahl 2004

 

Lüdinghausen ‑ lebendig, lebens- und liebenswert!

Wahlplattform der Lüdinghauser GRÜNEN für die Kommunalwahl 2004

 

beschlossen auf der Mitgliederversammlung am 8. Juli 2004

 

Einleitung

 

Wir Lüdinghauser GRÜNEN setzen uns mit unserer Politik für das Prinzip der Nachhaltigkeit ein, wie es auf dem sogenannten Erdgipfel vor nunmehr 12 Jahren in Rio de Janeiro beschrieben worden ist. Wie wichtig es ist, dieses Prinzip zu beachten, wird in Zeiten „knapper Kassen“ besonders deutlich.
Die wirtschaftliche Entwicklung tritt angesichts der immer schwieriger werdenden Situation der öffentlicher Finanzen zunehmend in den Vordergrund der Diskussion. Einerseits geht es dabei um den Wettbewerb der Kommunen als Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsstandorte, speziell in Lüdinghausen um die Sicherung in seiner Funktion als Mittelzentrum für umliegende Gemeinden. Andererseits sind Gesichtspunkte der nachhaltigen, zukunftsfähigen Entwicklung von Bedeutung, d.h. wirtschaftliche Entscheidungen müssen unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten so getroffen werden, dass zukünftige Generationen nicht belastet werden.
Entwicklungsperspektiven für Lüdinghausen unter dem Gesichtspunkt Zukunftsfähigkeit zu betrachten schließt einen zu schnellen Anstieg der Wohnbevölkerung in unserer Stadt ebenso aus wie die unüberlegte Ansiedlung von Gewerbe. Die Neuansiedlung von Bürgerinnen und Bürgern muss die zwangsläufig nachfolgenden Infrastrukturmaßnahmen mit im Blick haben.
Die Funktion der Stadt als Mittelzentrum hängt von den Dienstleistungen und Arbeitsplätzen ab, die für die eigene Bevölkerung und umliegende Gemeinden vorgehalten werden. Sie ist nicht an die magische Einwohnerzahl von 25.000 geknüpft, sondern an das gesamte Umfeld. Auch Senden, Ascheberg, Olfen und Nordkirchen sowie die nicht zu unterschätzenden Bauerschaften gehören als zu versorgendes Gebiet dazu. Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt kann daher nicht isoliert vorangetrieben werden, sondern nur im Zusammenhang mit der gesamten Region.
Jahrelang haben alle Ebenen der staatlichen Gemeinschaft (Bund, Länder und Gemeinden) über ihre Verhältnisse gelebt, die Schulden der Öffentlichen Hand steigen seit Jahren dramatisch an. Lüdinghausen bildet da leider keine Ausnahme. Die angespannte Finanzsituation schränkt den Handlungsspielraum unserer Stadt sehr stark ein, seit Jahren lebt die Stadt von der Substanz: Um die laufenden Ausgaben zu decken, müssen Vermögenswerte verkauft werden: so „frisst“ sich unsere Stadt langsam selber auf.
Auch die Verschuldung der Städte nimmt zu und belastet nachfolgende Generationen. Deshalb ist ein sparsamer Umgang mit allen finanziellen Ressourcen notwendig. Der städtische Haushalt kann nicht langfristig durch Verkauf von Baugrundstücken gesichert werden. Diese Art der Finanzierung stößt an Grenzen, denn die Inanspruchnahme immer neuer großflächiger Siedlungsanlagen in unserem ländlichen Raum dient weder dem Ziel eines schonenden Umgangs mit unseren Freiräumen noch dem Ziel der Verkehrsvermeidung.
Wir setzen uns deshalb auf Landes- und Bundesebene ein für eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen nach dem Konnexitätsprinzip Das bedeutet: Die Finanzausstattung der Kommunen muss an die Übertragung von Aufgaben angepasst werden.

 

 

Für eine aktive Einbindung der Lüdinghauser Bürgerschaft in Entscheidungsprozesse

 

·    Wir wollen eine verbesserte Beteiligung der BürgerInnen an wichtigen Entscheidungsprozessen durchsetzen. Die Ereignisse um den zurückgewiesenen Bürgerentscheid zum Borgparkhaus zeigen, dass es hier in Lüdinghausen noch einen großen Nachholbedarf gibt.
·    In der Bildung von weiteren Beiräten etwa für Ausländer, Menschen mit Behinderungen und Jugendliche sehen wir ein geeignetes Mittel, um die Belange möglichst breiter Bevölkerungsschichten in die Entscheidungsprozesse einfließen zu lassen. Diese müssen von der Verwaltung angemessen unterstützt werden. Dabei kann der Seniorenbeirat als Vorbild dienen.
·    Zentrale Planungsprozesse in unserer Stadt müssen transparenter gestaltet und der Öffentlichkeit besser vermittelt werden. Es reicht nicht aus, die Beteiligung wie bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes lediglich formal korrekt abzuwickeln. De facto ist der gesamte Prozess an der Öffentlichkeit vorbeigelaufen.
·    Wichtige Entscheidungen in Lüdinghausen dürfen nicht länger vom Bürgermeister allein am Rat vorbei getroffen werden.

 

 

Für eine lebendige und attraktive Innenstadt

 

Die Weiterentwicklung der Innenstadt bedarf einer mittelfristig ausgerichteten Gesamtplanung, die sich an folgenden Leitlinien orientiert:
·    Das Parkplatzangebot in der Innenstadt ist ausreichend, allerdings ist eine bessere Parkraumbewirtschaftung erforderlich.
·    Entlang der Borg wird eine der Innenstadt adäquate Bebauung angestrebt – das von der CDU geplante Borg-Parkhaus wird abgelehnt. Das geplante Borg-Parkhaus mit 220 Stellplätzen zieht weiteren belastenden Pkw-Verkehr in die Innenstadt und zerstört mit seiner Unmaßstäblichkeit das vergleichsweise harmonische städtebauliche Gefüge der Altstadt.
·    Die Innenstadt muss insbesondere für alte Menschen, Menschen mit Behinderungen und Familien mit Kindern auch in Zukunft als zentraler Ort für Versorgung und Kommunikation („Marktplatzfunktion“) dienen können. Dazu ist es notwendig, eine Einzelhandelsnutzung im ehemaligen „Neukauf“ beizubehalten um den Einzelhandel in der Innenstadt insgesamt zu stärken. Ein „Aufbrechen“ der Fassade an der Garten- und Münsterstraße bietet eine gute Voraussetzung dafür, diesen Bereich der nördlichen Altstadt attraktiver zu gestalten. Zusätzliche gastronomische Angebote führen ebenfalls zu einer Attraktivitätssteigerung.
·    Wir wollen den für Lüdinghausen typischen innenstadtnahen zusammenhängenden Grüngürtel erhalten. Im Bereich der Gartenflächen entlang der Janackerstiege wollen wir die Aufenthaltsqualität erhöhen und so gestalten, dass dieser Bereich Menschen zum Verweilen in der Innenstadt einlädt.
·    Neben zentralen Einkaufsmöglichkeiten unterstützen wir den Erhalt kleinerer Verbrauchermärkte in der Nähe zu den Wohngebieten der Stadt.
·    Den geplanten Darley-Park lehnen wir ab. Die Ausweisung eines großflächigen Verbrauchermarktes (4.000 m²) in Verbindung mit einem Bau-, Heimwerker- und Gartenmarktes (7.000 m²) in unmittelbarer Nachbarschaft zum Raiffeisenmarkt, der ebenfalls erweitert werden soll (2.000 m²), führt zu einem erheblichen Konkurrenzdruck für den innerstädtischen Einzelhandel; durch die Lage fernab der Wohngebiete wird der motorisierte Einkaufsverkehr weiter zunehmen. Der Verkehrsgutachter sieht in naher Zukunft die Gefahr einer Überlastung der B 58 in diesem Streckenabschnitt.
·    Die historisch gewachsenen Bausubstanz wollen wir erhalten. Die Stadt sollte hier Vorreiter sein. Die Gestaltungssatzung der Stadt soll konsequent angewendet werden.

 

 

Für umweltverträgliche Mobilität (Verkehr)

 

·    Wir wollen den Umweltverbund stärken. Das heißt: Vorrang für Fußgänger, Rad, Bus und Bahn. Wir unterstützen die Anlage eines separaten Radweges entlang der B 58 durch das Stadtgebiet und fordern darüber hinaus eine separate Radspur zwischen Lüdinghausen und Ascheberg. Diese Forderung lässt sich auch ohne großen Bauaufwand realisieren (der Streckenabschnitt der B 235 zwischen Senden und Bösensell kann hier als Vorbild dienen).
·    Wir fordern Vorrang für Radfahrer und Fußgänger besonders in der Innenstadt. Daher soll auf die Ausweisung zusätzlichen öffentlichen Parkraumes verzichtet werden. Statt dessen brauchen wir angemessene Fahrradparkplätze in der Innenstadt.
·    Das öffentliche Verkehrsnetz muss stärker auf alte Menschen ausgerichtet werden (verbesserte Taktfrequenz des Busverkehrs, Einstiegshilfen für Bus und Bahn). Wir fordern die Benennung eines/einer AnsprechpartnerIn in der städtischen Verwaltung, der oder die die Anliegen von behinderten Menschen, Fußgängern, Radfahrern und Benutzern des ÖPNV aufnimmt und innerhalb der Verwaltung weiterleitet.
·    Wir treten ein für eine städtebauliche Aufwertung des Bahnhofsumfeldes und für eine noch zu entwickelnde neue Nutzung für das Bahnhofsgebäude und das Bahnhofsgelände.
·    Den Fernstraßenneubau über Lüdinghauser Stadtgebiet lehnen wir ab, weil dadurch zusätzliche Verkehrsströme angezogen werden. Der Neubau der B 474n über Lüdinghauser Stadtgebiet konnte durch unsere Initiative auf Landesebene bereits erfolgreich verhindert werden. Die Planungen für die Verlängerung der Sauerlandlinie A 45 als B 474n vom Kreuz Dortmund Nordwest Richtung Norden (Dülmen) sind nicht mehr zeitgemäß und sollten endgültig aufgegeben werden.
·    Eine Südumgehung für Lüdinghausen als Verbindung der Olfener mit der Selmer Straße lehnen wir ab.

 

 

Für den Erhalt einer naturnahen Umwelt in Lüdinghausen

 

·    Wir treten ein für einen sparsamen Umgang mit Bauland. Wir brauchen eine weitsichtige Städteplanung, die Entwicklungsperspektiven auch noch für die künftige Generation offen lässt. Bauland soll künftig nur noch innerhalb eines langfristigen städteplanerischen Entwicklungskonzeptes erschlossen werden. Vor allem Seppenrade droht durch das jetzt geplante rasante Wachstum seinen gewachsenen Dorfcharakter endgültig zu verlieren
·    Die Reaktivierung von Brachflächen muss Vorrang haben vor der Umwandlung von Acker- und Grünland in Wohn- und Gewerbeflächen (so gibt es im Gewerbegebiet Wieschebrink oder im Bereich der Lindenstraße etliche Leerstände).
·    Wir wollen erneuerbaren Energien stärker als bisher nutzen. Die GRÜNEN haben die Initialzündung für die Solarsiedlung im Rott-Nord gegeben und als einzige Fraktion im Rat die Initiatoren des Windparkes Aldenhövel geschlossen unterstützt. Die Verhinderungsstrategie von Bürgermeister und Ratsmehrheit hat jedoch leider dazu geführt, dass der ursprünglich geplante Windpark mit einer Nennleistung von 13,5 MW nur sehr stark abgespeckt mit einer Leistung von 4 MW errichtet werden kann. Die Stadt muss ihre Blockadehaltung aufgeben und sollte zudem ihrer Vorbildfunktion gerecht werden, indem sie auf städtischen Gebäuden Solaranlagen installiert. Eine solche Maßnahme lässt sich für die Stadt kostenneutral realisieren.
·    In der Unterstützung des Biologischen Zentrums Lüdinghausen sehen wir einen unverzichtbaren städtischen Beitrag für die Umweltbildung, der dauerhaft gesichert werden muss.
·    Wir treten ein für eine ökologische und gerechte Abfallpolitik, die Abfallerzeugung nicht belohnt und die BewohnerInnen der Innenstadt und der Außenbezirke gleich behandelt (mehr Gebührengerechtigkeit).
·    Wir unterstützen das von der Verwaltung endlich auf den Weg gebrachte „Gebäudemanagement“. Auf dieser Basis wollen wir gezielt Energiesparkonzepte für die städtischen Liegenschaften entwickeln.

 

 

Für ein starkes Mittelzentrum Lüdinghausen

 

·    Wir unterstützen die Initiative des Vereins „Pro Stadthalle“, das alte DKV-Gebäude an der Bahnhofsstraße mit seiner denkmalgeschützten Fassade künftig als Bürgerhalle zu nutzen. Dadurch kann das Bahnhofsumfeld städtebaulich aufgewertet werden. Die Stadt muss hier die geeigneten planerischen Grundlagen (Änderung von Flächennutzungsplan, Änderung bzw. Aufstellung entsprechender Bebauungspläne) schaffen. Wir werden uns aber auf Dauer keine Stadthalle leisten können, für die wir regelmäßig erheblich Zuschüsse leisten müssen. Das Projekt muss sich daher selbst tragen.
·    Kulturelle Einrichtungen sind unverzichtbar für ein lebendiges und lebenswertes Mittelzentrum. Wir wollen die Musikschule als eine von der Stadt Lüdinghausen mitgetragene Einrichtung erhalten. Wir fordern gleiche Zugangsmöglichkeiten für alle und eine nach dem Einkommen gestaffelte Gebühr.
·    Das Lüdinghauser Marienhospital ist als Bestandteil der medizinischen Grundversorgung der Region unverzichtbar. Um den Standort dauerhaft zu sichern, muss der Träger aber auch flexibel genug sein, ggf. das Versorgungsprofil (Schwerpunkte) zu ändern.
·    Wir unterstützen die bevorzugte Ansiedlung von produzierendem Kleingewerbe. Die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer zukunftsorientierter Arbeitsplätze wird ein Hauptanliegen unserer kommunalpolitischen Arbeit sein.
·    Wir setzen uns ein für den Erhalt der münsterlandtypischen Parklandschaft. Um dieses Ziel angesichts des fortschreitenden Strukturwandels in der Landwirtschaft zu erreichen unterstützen wir die Öffnung des ländlichen Raumes für neue Betätigungsfelder. Wir brauchen eine verbesserte Wertschöpfung in der Region z.B. durch sanften Tourismus, Umorientierung vom Landwirt zum Energiewirt und den Ausbau der Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte und Lebensmittel.

 

 

Für ein soziales Miteinander in Lüdinghausen (Daseinsvorsorge)

 

·    Berufstätigkeit und Familie dürfen sich nicht ausschließen. Wir fordern daher in Lüdinghausen ein erweitertes Angebot an Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder. Wenn Eltern schnell wieder in den Arbeitsprozess einsteigen müssen oder wollen, können sie sich nicht immer selbst um Betreuungsmöglichkeiten für den eigenen Nachwuchs kümmern. Betreuungseinrichtungen für Kinder unter 3 Jahren gehören in Lüdinghausen noch nicht zum Standard. Ein solches Angebot würde das kinderfreundliche Klima in der Stadt verbessern.
·    Das Angebot an Ganztagskindergärten, Ganztagsgrundschulen und Nachmittagsbetreuung an weiterführenden Schulen muss zügig ausgebaut werden. Die entsprechenden Förderangebote des Landes und des Bundes müssen auch in Lüdinghausen konsequent genutzt werden. Kinder und Jugendliche werden unsere Zukunft gestalten – deshalb müssen wir ihnen bereits heute eine sinnvolle Zukunft ermöglichen.
·    Die Stadt soll im Sinne einer gestaltenden Schulträgerschaft mehr Verantwortung für die Verbesserung der Qualität unserer Schulen übernehmen. Dazu gehört nicht nur die Behebung des Mangels an Schulraum und Ersatz der ausgedienten Schulpavillons durch zweckmäßige Erweiterungsbauten, sondern auch eine zukunftsorientierte Ausstattung aller Schulen mit Arbeitsmaterialien sowie der Ausbau der integrativen Beschulung von Kindern und Jugendlichen in allen Schulformen.
·     Wir unterstützen den weiteren Ausbau der Kooperation zwischen den Schulen in Lüdinghausen und den Umlandgemeinden. Dabei muss auch das Berufskolleg einbezogen werden. Unnötige Parallelentwicklungen verschlingen zusätzliches Geld und können vermieden werden, wenn die unterschiedlichen Schulträger gemeinsame Strategien erarbeiten und auf diese Weise Synergieeffekte nutzen.
·    Neben den bestehenden Freizeitangeboten der Vereine brauchen wir in Lüdinghausen auch ein verbessertes Angebot im Bereich der offenen Jugendarbeit, das sowohl zentral (Exil) als auch dezentral (Jugendarbeit der Kirchengemeinden) den Jugendlichen eine Perspektive bieten kann. Die hier eingesetzten finanziellen Mittel sind eine gute Investition in die Zukunft und können an anderer Stelle viel Geld sparen. Die Zuschüssen im Jugendbereich dürfen daher nicht gekürzt werden. Städtische Sporthallen sollen für Jugendliche auch weiterhin kostenlos zur Verfügung stehen. Die Lüdinghauser Sportstätten sollen behindertengerecht ausgestattet werden.
·    Damit alte Menschen so lange wie möglich am normalen Alltagsleben teilnehmen können, fordern wir Verbesserungen im öffentlichen Verkehrsraum (Abbau von Verkehrsschwellen, Umgehung zu steiler Treppen, stolperfreie Pflasterung).
·    Betreutes Wohnen und innenstadtnahe Wohnmöglichkeiten sollen alten Menschen in unserer Stadt die Möglichkeiten geben, so lange wie möglich aktiv am Alltagsleben teilzunehmen. Die Bedürfnisse von an Altersdemenz erkrankten Menschen müssen bereits bei der Planung von Wohneinrichtungen berücksichtigt werden.
·    Wir fordern verstärkte Integrationsangebote speziell für MigrantInnen. Einrichtungen, die diese Bevölkerungsgruppe betreuen, müssen weiterhin von der Stadt unterstützt werden.